Chronik seines Lebens
1811 Vinzenz Lachner wird am 19. Juli in Rain am Lech geboren
1819 Reise des achtjährigen Vinzenz Lachner nach Augsburg; mit seinem
Vater und einer Schwester musiziert er in Kaffeehäusern und
Bierlokalen
1824–1827 Schulzeit in Augsburg (St. Anna-Gymnasium)
1829–1831 Anstellung als Haus- und Musiklehrer für die Kinder des Grafen
Josef Mycielski in Chocieszwice bei Preußisch-Lissa im Kreis Posen.
Intensives Musikstudium anhand musiktheoretischer Schriften von
Johann Georg Albrechtsberger und klassischer Kompositionen (z. B.
Beethoven)
1831 Kündigung seiner Stelle in Chocieszwice. Fortsetzung des Studiums in
Wien bei seinem älteren Bruder Franz
1832 Anstellung als Vizekapellmeister und Bratschist im K. K. Hofopern-
theater nächst dem Kärntnertor in Wien
1834 Zusätzlich Übernahme der Organistenstelle an der evangelischen Kirche
Augsburger Konfession in der Dorotheergasse 18 in Wien
1836 Er dirigiert am 26. Juni erstmals in Mannheim (Jacob und seine Söhnein
Aegypten, Oper von Étienne Nicolas Méhul) und wird daraufhin für ein
Jahr auf Probe als Kapellmeister angenommen (29. Juni)
1837 Die Regierung stimmt einem neuen Vertrag mit Vinzenz Lachner auf
zehn Jahre zu (8. April). Eheschließung mit der 17-jährigen Antonia
Franziska Amalia Brand (30. Juli)
1838 Geburt des ersten Kindes, Peter Vinzenz Lachner (20. August)
1839 Geburt der Tochter Rosina Anna Maria Antonia Lachner (17. Dezember) 1841 Abschluss eines neuen Dienstvertrages, wiederum auf zehn Jahre (Juni) 1842 Einladung nach London, um dort die Saison der deutschen Oper zu
dirigieren (April – Juni)
1848 Ihm wird die Kapellmeisterstelle in Frankfurt angeboten. Als pro-
visorischer Leiter dirigiert er bereits in Frankfurt. Sein Entlassungs-
gesuch wird jedoch vom Mannheimer Hoftheaterkomitee abgelehnt
1851 Verlängerung des Mannheimer Dienstvertrages um weitere zehn Jahre
(Juni)
1855 Lachner wird das Ritterkreuz des Ordens vom Zähringer Löwen
verliehen
1856 Geburt des zweiten Sohnes, Carl Friedrich Franz Lachner (17. No-
vember)
1858 Lachner bittet Großherzog Friedrich in Karlsruhe um die Verleihung des
Titels Hofkapellmeister sowie seine Verbeamtung, um in die Staats-
dienerwitwenkasse aufgenommen werden zu können. Beides wird ihm
gewährt (23. Oktober)
1859 Genehmigung des Vertrages auf lebenslange Anstellung mit einem
Jahresgehalt von 2500 Gulden und einer entsprechenden Pension im
Falle der Dienstuntauglichkeit (9. Juni)
1860 Die Tochter Rosina stirbt in Mannheim (9. Juli)
1861 25-jähriges Mannheimer Dienstjubiläum. Aus diesem Anlass wird ihm
das Ritterkreuz mit Eichenlaub vom Zähringer Löwen verliehen
1863–1866 Clara Schumann gibt mehrfach Konzerte in Mannheim; Beginn
einer langjährigen Bekanntschaft mit Lachner, die von gegenseitiger
Wertschätzung geprägt ist
1870/71 Seine Frau muss sich in München einer schweren Brustkrebs-
operation unterziehen (Februar 1870), sie stirbt dort am 25. August
1871 an den Folgen einer zweiten Operation Etwa zur gleichen Zeit
läuft eine Verleumdungskampagne gegen Oberregisseur Julius Werther,
das Hoftheaterkomitee und Vinzenz Lachner
1872 Mit Jahresbeginn reicht Lachner seine Kündigung ein
1873 Das Ministerium genehmigt seine Versetzung in den Ruhestand zum 1.
April (18. März), sein Nachfolger wird Ernst Frank. Umzug nach
Karlsruhe (15. Juni)
1873–1893 Nach wie vor gibt und dirigiert er Konzerte, unter anderem in
München und Mannheim (1874, 1879, 1887), Baden-Baden (1879,
1888), Karlsruhe (mehrfach), Köln (1880), Heidelberg (1886), Neustadt
(1890) oder Pforzheim (1891). In dieser Zeit entstehen zahlreiche neue
Kompositionen
1876 Der älteste Sohn Peter Vinzenz stirbt in Puntarenas/Costa Rica
1884 Seit der Gründung des Karlsruher Konservatoriums für Musik (15.
September) durch Heinrich Ordenstein unterrichtet Lachner dort die
Fächer Höhere Kompositionslehre, Partiturspiel und Anleitung zum
Dirigieren
1885 Der jüngste Sohn Carl stirbt in Berlin (Juni) 1887 Verleihung des
Kommandeurkreuzes II. Klasse des Ordens vom Zähringer Löwen (24.
April)
1893 Vinzenz Lachner stirbt in Karlsruhe (22. Januar) Festliches
Gedenkkonzert mit Werken Vinzenz Lachners in Anwesenheit des
Großherzogs und der Großherzogin, bei dessen Gelegenheit auch eine
Lachner-Büste enthüllt wurde (19. Februar)
1976 Auflassung seines Grabes auf dem Karlsruher Hauptfriedhof.
Schüler- und Freundeskreis
Vinzenz Lachner gehörte noch zu der Generation der Kapellmeister, die ihr Handwerk von der Pike auf gelernt hatten. Er beherrschte die wichtigsten Orchesterinstrumente, spielte ausgezeichnet Klavier und hatte darüber hinaus in Wien, während der Kapellmeisterzeit am Kärntnertor-Theater, Gesang studiert. Diese fundierte praktische Ausbildung kam ihm vor allen Dingen in Mannheim zugute, da das damalige Theater den allgemeinen Ruf einer »Pflanzschule größerer Talente« hatte, »die sie oft nur heranbildet, um sie dann wieder zu verlieren«. Die »Heranbildung« dieser jungen Talente gehörte selbstverständlich zu dem Aufgabenbereich des musikalischen Leiters. So gab Lachner den jüngeren Orchestermitgliedern ab 1841 unentgeltlich Unterricht in Harmonielehre. Wie wichtig ihm diese »Heranbildung« war, belegt auch die Tatsache, dass er es sich nicht nehmen ließ, noch in seinem Ruhestand an dem Konservatorium für Musik in Karlsruhe die Fächer Höhere Komposition, Partiturspiel und Dirigieren zu lehren. Nach den Jahresberichten erstreckten sich »die theoretischen Studien über das ganze Gebiet der Harmonielehre, des einfachen und doppelten Kontrapunkts, des Kanons und der Fuge«.
Lachner nahm sich der ihm anvertrauten jungen Musikerinnen und Musiker mit größter Gewissenhaftigkeit an. Sie hatten in ihm einen lebenslangen Mentor und Freund. Die zahlreichen Empfehlungsschreiben und die Briefe an seine Schüler, die von freundschaftlicher, manchmal auch väterlicher Anteilnahme geprägt sind, legen in dieser Hinsicht beredtes Zeugnis ab.
Stellvertretend, die wohl bekanntesten Namen aus seinem Schülerkreis:
• Jean Becker (1833–1884, Violinvirtuose, Begründer des berühmten
Florentiner Quartetts)
• Max Bruch (1838–1896, Komponist, Stipendiat der Mozartstiftung in
Frankfurt am Main, Uraufführung der Oper Loreley und Komposition Frithjof
in Mannheim)
• Ernst Deurer (*1847–?, Komponist, Stipendiat der Mozartstiftung in
Frankfurt am Main)
• Robert Kahn (1865–1951, Komponist)
• Friedrich Klose (1862–1942, Komponist)
• Ferdinand Langer (1839–1905, Komponist, Violoncellist und später Zweiter
Kapellmeister in Mannheim)
• Hermann Levi (1839–1900, Komponist und Kapellmeister, erster Dirigent
des Parsifal in Bayreuth)
• Max von Pauer (1866–1945, Pianist, studierte Theorie bei Lachner)
• Julie Schumann (1845–1872, Tochter Clara Schumanns)
• Clara Faisst (1872–1948, Komponistin, Pianistin, Autorin und Musiklehrerin;
von 1884 bis 1894 Schülerin des Konservatoriums für Musik in Karlsruhe,
Fortsetzung des Musikstudiums in Berlin, u.a. bei den ehemaligen Lachner-
Schülern Robert Kahn und Max Bruch.
Vor allem die umfassende Kenntnis der zeitgenössischen und traditionellen Musikproduktionen und deren zutreffende analytische Einschätzung sicherten ihm die Wertschätzung berühmter Zeitgenossen. Hier sind an erster Stelle Clara Schumann und Johannes Brahms zu nennen, ferner reihen sich an: Komponisten wie Heinrich Esser, Albert Lortzing, Carl Reiss, Julius Rietz, Georg Aloys Schmitt oder Wilhelm Taubert, das Verlegerehepaar Betty und Franz Schott, die Pianistin Emma Brandes, die Dichter Joseph Viktor von Scheffel und Rudolf Baumbach, Sängerpersönlichkeiten wie Frieda Hoeck-Lechner, Agnes Pirscher, Helene Seubert-Hausen, Henriette Ullrich-Rohn, Franz Betz, Joseph Staudigl oder auch Joseph Tichatschek.
H. Giehne: »Vincenz Lachner«, in: Badische Biographien, hg. von Friedrich von Weech, 2. Teil, Heidelberg 1875, S. 1–3.
Carl Krebs: Art. »Lachner, Vinzenz«, in: Deutsche Biographie 51 (1906), S. 531 (Online-Version).
Briefe Vincenz Lachners an Hermann Levi, hg. von Friedrich Walter (Sonderdruck aus der Neuen Badischen Landes-Zeitung), Mannheim 1931.
Anton Würz: Art. »Lachner«, in: Die Musik in Geschichte und Gegenwart, Bd. 8, Kassel u. a. 1960, S. 34.
Kii-Ming Lo: »Turandot« auf der Opernbühne, Frankfurt/M. u.a. 1989 (= Perspektiven zur Opernforschung 2).
Harald Johannes Mann: Die Musikerfamilie Lachner und die Stadt Rain, Rain am Lech 1989.
Reinhold Brinkmann: »Die ›heitre Sinfonie‹ und der ›schwer melancholische Mensch‹. J. Brahms antwortet Vincenz Lachner«, in: Archiv für Musikwissenschaft 46 (1989), S. 294–306.
Bärbel Pelker: Art. »Lachner, Vinzenz«, in: MGG 2, Personenteil 10, Kassel u. Stuttgart 2003, Sp. 982–984. (Eingeschränkter freier digitaler Zugriff).
Franz Lachner und seine Brüder. Hofkapellmeister zwischen Schubert und Wagner ; Bericht über das musikwissenschaftliche Symposium anläßlich des 200. Geburtstages von Franz Lachner, veranstaltet von der Gesellschaft für Bayerische Musikgeschichte und dem Institut für Musikwissenschaft der Universität München; München, 24.–26. Oktober 2003 (= Münchner Veröffentlichungen zur Musikgeschichte 63), hg. von Stephan Hörner und hartmut Schick, Tutzing 2006.
Bärbel Pelker: »Vinzenz Lachner (1811–1893). Bewegte und bewegende Kapellmeisterjahre in Mannheim«, in: Musik in Baden-Württemberg. Jahrbuch 2017/18, 24 (2018), S. 203–226.
(Text: Bärbel Pelker)