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Christian Cannabich (1731–1798)

 

Cannabichs Biographie ist wie kaum eine andere auf das Engste mit der Geschichte der MannheimerHofkapelle verbunden. Als drittes Kind des Hofmusikers Matthias Franz (Martin Friedrich) Cannabich wurde er am 28. Dezember 1731 auf den vollständigen Namen, Johann Christian Innozenz Bonaventura, in der Kirche St. Sebastian in Mannheim getauft. Üblicherweise wird er den ersten Musikunterricht von seinem Vater erhalten haben, der als Komponist und Flötist der Hofkapelle angehörte und darüber hinaus dem jungen musikbegabten Kurprinzen Carl Theodor Unterricht auf der Flöte erteilen durfte. Christian Cannabichs Instrument war die Violine, für die er wohl schon früh eine außerordentliche Begabung zeigte, da er bereits im Alter von 12 Jahren zusammen mit seinem älteren Bruder als Scholar in die Hofkapelle aufgenommen wurde. Sein Lehrer war nun kein Geringerer als Johann Stamitz selbst, der Begründer der berühmten Mannheimer Orchesterschule. Im Oktober 1752 gewährte der Kurfürst dem jungen talentierten Musiker ein knapp zweijähriges Stipendium, das ihm die Vervollkommnung seiner musikalischen Ausbildung bei dem angesehenen Komponisten Niccolò Jommelli in Rom ermöglichte. Nach Mannheim zurückgekehrt, avancierte er 1758 – gemeinsam mit Carlo Giuseppe Toeschi – zunächst zum Konzertmeister und dann im Jahr 1773 zum Direktor der Instrumentalmusik. Diese Stelle hatte er bis zu seinem Tode am 20. Januar 1798 inne.

 

Maßstäbe setzte Christian Cannabich jedoch in erster Linie als Orchesterleiter. Auf ihn geht angeblich die Einführung des einheitlichen Bogenstriches zurück. Zumindest perfektionierte er seine Methode der Orchestererziehung derart, daß nach Christian Friedrich Daniel Schubart ein »Nicken des Kopfes, und Zucken des Ellenbogens« des Instrumentalmusikdirektors genügten, um eine vollendete Wiedergabe der Kompositionen zu gewährleisten. Selbst Wolfgang Amadé Mozart hielt Cannabich für den besten »Director«, den er »je gesehen«. Die vorbildliche Spieldisziplin zusammen mit der spieltechnischen Virtuosität aller Musiker erzeugten die oft zitierten überwältigenden Klangwirkungen des Orchesters. Geradezu schwärmerisch formuliert sie Schubart: »Kein Orchester der Welt hat es je in der Ausführung dem Manheimer zuvorgethan. Sein Forte ist ein Donner, sein Crescendo ein Catarakt, sein Diminuendo – ein in die Ferne hin plätschernder Krystallfluss, sein Piano ein Frühlingshauch«.

 

Über Cannabich schrieb Schubart: »Von der Natur selbst zum Concertmeister gebildet! [...] Er ist der eigentliche Schöpfer des gleichen Vortrags, welcher im Pfälzischen Orchester herrscht. Er hat alle Zaubereyen erfunden, die jetzt Europa bewundert. Das Colorit der Violinen hat vielleicht noch niemand so durchstudiert, wie dieser Meister. Es fällt äußerst schwer, das Originelle seiner Striche zu bestimmen: es ist bey weitem nicht Tartinische Steifigkeit, noch weniger das Laxe von Ferrari. So zwanglos als sich nur denken lässt, führt er den Bogen, und bringt Tiefen und Höhen, Stärke und Schwäche, auch die feinsten Nebenschattirungen mit Vollgewalt heraus. So gross er als Concertmeister ist, so gross ist er auch im Unterricht. Die ersten Sologeiger, und die vortrefflichsten Ripienisten gingen aus seiner Schule hervor. Seine originelle Art mit dem Bogen zu mahlen hat eine neue Violonsecte hervorgebracht. In der Anführung eines Orchesters, und in der Bildung von Künstlern, besteht sein vorzüglichstes Verdienst. [...]

Man muß ihn sprechen und seine Kompositionen selbst vortragen hören, um darüber richtig urtheilen zu können. Ein einziger falscher Strich, schiefe Bogenlenkung kann seinen Stükken, die ganz original sind, einen falschen Karakter geben, und daher auch falsche Urtheile drüber veranlassen. Ich habe sie in der höchsten Vollkommenheit vortragen hören. [...] Seine Sinfonien vom ganzen pfälzischen Orchester vorgetragen, schienne mir damals das Nonplusultra der Sinfonie zu seyn.«

 

Kraft seines Amtes war Christian Cannabich für den Bereich der Instrumentalmusik zuständig. Das Zentrum seines Schaffens bildet daher mit ungefähr 70 Sinfonien und über 40 Balletten die Orchestermusik. Überliefert sind außerdem eine vergleichsweise geringe Anzahl an kammermusikalischen Werken und das Melodram Elektra, das 1781 im neuen Mannheimer Nationaltheater uraufgeführt wurde. Eine beträchtliche Anzahl seiner Sinfonien erschien in Paris im Druck. 1772 gewann er darüber hinaus in der Seine-Metropole mit einer Sinfonia concertante (möglicherweise die Sinfonia W 42) einen ausgeschriebenen Kompositionswettbewerb. Als Preis erhielt er eine goldene Medaille im Wert von 300 Livres.

 

 

Werke (Auswahl; vgl. auch Werke in RISM online)

Simphonie périodique G-Dur Nr. 5, Paris, Chevardière [1760] (Wolf-W8)

 

Simphonie périodique a più stromenti C-Dur Nr. 25, Paris, Chevardière [1761] (Wolf-3)

 

Sinfonie Es-Dur, Nr. 4 in: VI sinfonie a più stromenti, Paris, Venier [1761] (Wolf-4)

 

Simphonie périodique a più stromenti F-Dur Nr. 28, Paris, Chevardière [1762] (Wolf-15)

 

Six Simphonies à grand orquestre, Paris, Chevardière [1762] (Wolf-12, 13, 16, 18, W10, W13); Handschrift: Sinfonie in G-Dur (Wolf-16), D-Mbs (Mus.ms. 1849, Stimmen)

 

Sinfonie a più stromenti C-Dur Nr. 11, Paris, Venier [1762] (Wolf-14)

 

Simphonia a più stromenti obligati G-Dur Nr. 9, Paris, Huberty [1763/1764] (Wolf-8)

 

Periodical Overture E-Dur op. 2, Nr. 10, London, Bremner [1764] (Wolf-7)

 

Sinfonie B-Dur, Nr. 1 in: Trois Symphonies modernes par Mrs. Canabich et Schwindl, Paris, Huberty [1764] (Wolf-9)

 

Six Simphonies op. 4, Paris, Venier [1766] (Wolf-22, 23, 29, 31, 32, W4)

 

Six Sinphonies op. 10, Mannheim, Götz [ca. 1776] (Wolf-47, 48, 49, 50, 51, 52)

 

Six Sonates en trio ... ou avec tout l‘orquestre op. 3, Paris, l'auteur [1766] (Nr. 4: Wolf-21)

 

Sei sinfonie a quatro op. 6, Paris, Venier [1767] (Wolf-17, 19, 25, 30, W5, W9);

Handschrift: Sinfonie in D-Dur (Wolf-17), D-Mbs (Mus.ms. 1848, Stimmen)

 

Sinfonie in D-Dur (Wolf-11); Handschrift: D-Mbs (Mus.ms. 1837, Stimmen)

 

Sinfonie in D-Dur (Wolf-35);  Handschrift: D-Mbs (Mus.ms. 1852, Stimmen)

 

Sinfonie in G-Dur (Wolf-36); Handschrift: D-Mbs (Mus.ms. 1851, Stimmen)

 

Sinfonie in Es-Dur (Wolf-54); Handschrift: D-Mbs (Mus.ms. 1870, Stimmen); CD-Einspielung Golden Age, Concerto Köln

 

Sinfonie in A-Dur (Wolf-56); Handschrift: D-Mbs (Mus.ms. 1868, Stimmen)

 

Sinfonie in G-Dur (Wolf-65); Handschrift: D-Mbs (Mus.ms. 1872, Stimmen)

 

Sinfonie in B-Dur (Wolf-72); Handschrift: D-Mbs (Mus.ms. 1882, Stimmen); s.a. moderne Partitur, in: DTB VIII/2, S. 3–41;  u.a. CD-Einspielung: Camerata Bern, Dir. Thomas Furi

 

Sinfonie in C-Dur (Wolf-73); Handschrift: D-Mbs (Mus.ms. 1881, Stimmen)

 

Sinfonia concertante (F-Dur)

 

Hörproben Sinfonien

 

 

Concerto a 7 stromenti für Flöte, 2 Violinen, Viola, 2 Hörner, Orgel und Violoncello

 

Concerto a 8 stromenti für 2 V., Va., 2 Ob., 2 Hr., 2 Fg., Vc. und Kb.

 

Concerto a 12 stromenti C-Dur für Fl. mit Ob., Fg., 2 V., Va., 2 Hr., 2 Trp., Timp. und Basso

 

Concerto alla pastorale a 8 für 2 V./Fl., Ob., Hr., Fg., Va. und Basso

 

5 Flötenkonzerte, 1 Konzert für 2 Flöten, 4 Violinkonzerte

 

 

Sextett in C-Dur, in: Quintetto del. Sr. Toeschi, Duoi Seitetti, il Primo del Sr. Cannabich ... für Flöte, Oboe, Violine, Viola, Fagott/Violoncello und Bass; Druck: Paris, Borrelly

 

3 Quartette, in: Six quartetti et quintetti für Flöte/Violine, Violine, Viola und Violoncello, Paris, Chevardière [1766]

 

Sei quartetti für Flöte/Oboe/Violine, Viola und Violoncello, op. 5, Paris, Venier [1766/1767]

 

Six Quatuor op. 1, Amsterdam//Den Haag, B. Hummel [1768] (enthält Werke der beiden obigen Ausgaben)

 

Quartett C-Dur Nr. 1, in: Six Quatuors concertantes für Flöte/Violine, Violine, Viola und Basso, Paris, Jolivet [1771]

 

Six Quatuors für 2 Violinen, Viola und Violoncello op. 5, Mannheim, Götz [c.1774]

 

Six Trios für 2 Violinen und Violoncello op. 3, Mannheim, Götz [1773/1774]

 

Six Duettes für Flöte und Violine op. 2, Amsterdam, J. J. Hummel [1774]

 

Six Duettos für Flöte/Violine und Viola, London, Fentum [1775]

 

 

Elektra (Text: Wolfgang Heribert von Dalberg) (1781 Mannheim); Handschriften: D-DS (Mus.ms 217, Partitur und Stimmen)

 

 

Ceyx et Alcyone (1762 Mannheim), auch Klavierbearbeitung; Handschrift: D-DO

 

L´Enlevement de Proserpine (1767 Kassel) (zus. mit Toeschi)

 

Renaud et Armide (1768 Mannheim), Bearbeitung für 2 Violinen, Viola und Violoncello, in: Recueil des airs des ballets I, Mannheim 1775

 

Roland furieux ou Angélique et Médor (1768 Mannheim), Bearbeitung für 2 Violinen, Viola und Violoncello, in: Recueil des airs des ballets I, Mannheim 1775; Handschriften: D-DS (Mus.ms 216, Partitur und Stimmen 1773)

 

Le Rendes-vous de chasse (1769 Mannheim), auch Klavierbearbeitung; Handschrift: D-DO

 

Les Fêtes du serailles (um 1770); Handschrift: D-Rtt

 

Les Mariages samnites (1772 Mannheim), Bearbeitung für 2 Violinen, Viola und Violoncello, in: Recueil des airs du ballet III, Mannheim 1775; Handschrift: D-DS

 

Medée et Jason (1772 Mannheim), auch Klavierbearbeitung; Bearbeitung für 2 Violinen, Viola und Violoncello, in: Recueil des airs du ballet VI, Mannheim 1779; Handschriften: D-DS, D-DO/1, D-DO/2

 

L´Embarquement pour Cythère ou Le Triomphe de Vénus (1775 Mannheim); Bearbeitung für Cembalo, Violine, Viola und Violoncello, in: Recueil des airs des ballets II, Mannheim 1775

 

Admette et Alceste (vor 1776; 1781 Kassel); Bearbeitung für 2 Violinen, Viola und Violoncello, in: Recueil des airs des ballets III, Mannheim 1775

 

Ulisse et Orphée dans l´isle de syrênes (vor 1776), Bearbeitung für Cembalo, Violine, Viola und Violoncello, in: Recueil des airs des ballets IV, Mannheim 1775

 

Le Bouquet regretté (o.J.); Handschrift: D-DO

 

(Text: Bärbel Pelker; s.a. www.hof-musik.de)